Dr. Hans-Ulrich Hecker   |   Ahmad Sourani  |  Iris Hanopulos-Neumann

News | Aktuelles 2014

1 | 2014Aktuelle Fragen und Antworten – Dr. Hecker im Interview

Herr Dr. Hecker, was gibt es Neues aus dem spannenden Feld der Akupunktur und Traditionellen Chinesischen Medizin?
Nachdem das englische National Institute of Health and Clinical Excellence (NICE) in seinen neuen Behandlungsrichtlinien die Akupunktur zur Prävention von Spannungskopfschmerz und Migräne empfohlen hat, raten nun auch die deutschen Neurologen zur Akupunktur, um Migräne vorzubeugen. Dabei verringert Akupunktur die Häufigkeit von Migräneattacken und lässt die Attacken gleichzeitig weniger intensiv werden. Die Neurologen raten, sich in schmerzfreien Intervallen ca. 15 Mal (zweimal pro Woche) mit Akupunktur behandeln zu lassen. Hier zeigt sich wieder einmal, dass sich die positiven praktischen Erfahrungen tausender Akupunkteure und vieler zehntausend Patienten auch von der wissenschaftlichen Medizin nicht ignorieren lassen.

Welche neurologischen Erkrankungen lassen sich noch mit Akupunktur und Chinesischer Medizin behandeln?
Chronische Schmerzen sind sicher ein großes Einsatzgebiet der Akupunktur. Aber auch verschiedene andere Erkrankungen wie Parkinson, Tics und Begleitbeschwerden im Rahmen einer Multiplen Sklerose lassen sich auf diese Weise behandeln. Schlafstörungen und depressive Verstimmungen sind ebenfalls mit Akupunktur behandelbar. Des Weiteren zählen Polyneuropathie (Erkrankungen des peripheren Nervensystems außerhalb des Rückenmarks und Gehirns) und das Restless-Legs-Syndrom zu den Einsatzgebieten der Akupunktur. Bei vielen dieser Erkrankungen lässt sich nach unseren Erfahrungen die Wirkung der Akupunktur durch die zusätzliche Verordnung chinesischer Arzneimittel verstärken.

Wie kann die Traditionelle Chinesische Medizin Paaren mit Kinderwunsch helfen?
Die Chinesische Medizin findet weltweit erfolgreich Anwendung bei der Behandlung von Unfruchtbarkeit. Als begleitende Therapie bei Methoden zur künstlichen Befruchtung ist sie ebenfalls erfolgsversprechend. Inzwischen wird die Akupunktur auch an vielen Universitätskliniken unterstützend zu den schulmedizinischen Behandlungsmethoden eingesetzt. Studien zeigen: Wenn eine Behandlung der Unfruchtbarkeit mit Chinesischer Medizin kombiniert wird, werden die Frauen erheblich öfter schwanger.

Was kann TCM hier im Einzelnen bewirken?
Die Chinesische Medizin stärkt insgesamt die Fähigkeit des Körpers, sich selbst zu regulieren. Körpereigene Vorgänge werden durch sie ins Gleichgewicht gebracht, energetische Blockaden gelöst, die Menstruation wird harmonisiert, die Qualität der Spermien verbessert. Die Ergänzung von Schulmedizin und Chinesischer Medizin schafft so die optimalen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Befruchtung und eine harmonische Schwangerschaft.

Welche Methoden der Chinesischen Medizin kommen bei der Fruchtbarkeitsbehandlung zur Anwendung?
Die umfassende Anamnese (systematische Befragung des Patienten) und die körperliche Untersuchung beider Partner sind die Grundlage für die Entwicklung eines geeigneten Therapiekonzeptes, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Hierbei findet neben der Akupunktur die Chinesische Arzneimitteltherapie, die Chinesische Diätetik und Qi Gong Berücksichtigung. Überlegungen der westlichen Naturheilkunde fließen ebenfalls in das Behandlungskonzept ein.

Ein noch relativ unbekanntes Feld der Chinesischen Medizin ist die Augenakupunktur. Für den Laien klingt das ja eher gruselig. Können Sie uns diese Behandlungsmethode näher erklären?
Der Name ist etwas irreführend: Es werden keine Nadeln ins Auge gestochen. Die Augenakupunktur heißt so, weil sie bei unterschiedlichen Erkrankungen des Auges zur Anwendung kommt und weil neben der Körperakupunktur auch weitere Areale – wie beispielsweise das Ohr und der Mund – in die Behandlung einbezogen werden. Mit der Augenakupunktur können unter anderem degenerative Erkrankungen der Netzhaut, Glaukom (grüner Star), Sehnerverkrankungen, Entzündungen im Bereich des Auges, trockene Augen sowie Netzhautablösungen und -risse behandelt werden. Auch bei Augenerkrankungen in Folge von Diabetes, Venenthrombosen, Embolien oder Hirnverletzungen kann die Augenakupunktur helfen.

Wie geht man bei der Augenakupunktur vor?
Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen bei der Durchführung der Augenakupunktur. Bei der klassischen Anwendung erfolgt sie einmal je Woche über ein Intervall von zwölf Wochen; bei der Intensivform wird täglich zweimal zeitversetzt über zwölf Tage akupunktiert. Die zugehörige Arzneimitteltherapie erfolgt mindestens über ein halbes Jahr begleitend. Hier wird Patienten nach eingehender Anamnese und Untersuchung eine individuelle Kräutermischung verordnet. In unserem Zentrum verwenden wir dafür eine moderne Darreichungsform – die hydrophilen Konzentrate. So entfällt für den Patienten die aufwendige Zubereitung der Arzneimittel.

Zur Person: Dr. med. Hans-Ulrich Hecker ist Allgemeinmediziner mit den Zusatzbezeichnungen Akupunktur, Naturheilverfahren, Homöopathie und Ärztliches Qualitätsmanagement. Hecker ist Lehrbeauftragter für Akupunktur und Naturheilverfahren an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, wissenschaftlicher Leiter der Ausbildung im Fach Akupunktur und Naturheilverfahren an der Weiterbildungsakademie der Landesärztekammer Schleswig-Holstein und zugleich über die akademische Lehrpraxis für Allgemeinmedizin in die universitäre Lehre einbezogen. Hecker ist Herausgeber und Autor mehrerer Fachbücher zum Thema Akupunktur und Chinesische Medizin, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden, und entwickelte unter anderem das international anerkannte und ausgezeichnete „Lehrbuch und Repetitorium der Akupunktur“, das heute als Standard-Lehrbuch gilt.